Einführung
Der erste Eindruck sagt Vieles:
Bereits beim Betreten des Sprechzimmers, aber spätestens im Gespräch, bekommen Sie viele Informationen über den Zustand des*der Patient*in. Wie ist der Bewusstseinszustand? Die Stimmung? Gibt es Einschränkungen des Bewegungsapparates, der Sprache, des Denkens? Wenn Sie mit all Ihren Sinnen arbeiten, werden Sie mit einer Fülle an Informationen konfrontiert: Die verbale und die nonverbale Ebene, die Interaktion mit Ihnen und Dritten, Antworten auf Ihre Fragen, aber auch, was nicht gesagt wird. Zunächst mag diese Fülle an Informationen Sie überfordern. Doch mit der Zeit werden Sie diese Feinheiten im Kontakt mit den Patient*innen wahrnehmen. Dadurch verstärkt sich die Beziehung zwischen Ihnen als Ärzt*in und dem*der Patient*in. Sie können die Informationen auch in Ihre Diagnosestellung einfließen lassen.
Varianten und Fehler: Die hier beschriebenen und gezeigten Untersuchungstechniken zeigen häufig nur eine mögliche Variante zum Vorgehen. Abweichende Techniken können ebenfalls zielführend sein. Etwaige Fehler bitten wir Sie gerne an uns rückzumelden.
Autor*innen: Klaus Böhme, Michael Klock, Irmgard Streitlein-Böhme
Die Studierenden lernen bis zum 1. Semester des 2. Studienabschnitts:
– sich einen allgemeinen Eindruck von Bewusstseinslage, Orientierung und äußerlichen Krankheitszeichen zu verschaffen.
– die erhobenen Befunde in einfacher Form unter Verwendung des Statusbogens zu dokumentieren.
– Beobachten Sie den*die Patient*in während der Anamnese. Achten Sie auf die unten genannten Kriterien.
– Benutzen Sie dazu Ihre Sinne: Sehen, Hören, Fühlen, Riechen.
Unter dem Reiter Dokumentation erhalten Sie bei den einzelnen Untersuchungsschritten (Inspektion, Palpation, …) Hinweise und Beispiele zu deren Dokumentation.
Lernen Sie normale, sowie pathologische Untersuchungsbefunde zu dokumentieren.
Des weiteren erhalten Sie einen Einblick in Befunde möglicher Erkrankungen der einzelnen Organsysteme bzw. Regionen.
Allgemeine Inspektion und Untersuchung
Bewusstseinsminderung (quantitativ)
= Wachheit/Vigilanz → wach, somnolent, soporös, komatös
Bewusstseinsstörung (qualitativ): Orientierung
Einschätzung über Orientierung zu
– Zeit: Welchen Tag haben wir heute?
– Ort: Wo befinden wir uns gerade?
– Situation: Warum befinden wir uns hier?
– eigener Person: Wie heißen Sie und wann sind Sie geboren?
Sprechweise, Sprache
Äußeres Erscheinungsbild
– Allgemeinzustand, z. B. gut, reduziert
– Ernährungszustand, z. B. regelrecht, adipös, kachektisch
– Kleidung, Pflegezustand
– Konstitutionstyp, z. B. leptosomer, athletischer oder pyknischer Konstitutionstyp
Gestik, Mimik
Stimmungslage
– Ausgeglichenheit, Labilität, Depressivität, Erregung, Gleichgültigkeit
Körperhaltung und Standbild
→ Aufrecht, gebeugt, Schonhaltung
Bewegungsablauf, Spontanmotorik
→ Bewegt der*die Patient*in alle Extremitäten? Schmerzen bei Bewegung?
→ Gestik, Mimik
Muskeltonus und Kräftezustand
Gangbild
→ Gangstörungen (z. B. Trendelenburghinken, Steppergang bei Peroneuslähmung, Schonhinken)
Das Integument bezeichnet die äußere Körperhülle, sprich die Haut mit ihren Anhangsgebilden (Haut, Hautveränderungen, Haare, …)
– Hautkolorit, z. B. Blässe, Rötung, Ikterus, Zyanose, etc.
– Hautturgor, z. B. regelrecht, vermindert
– Hautveränderungen beschreiben: Lokalisation, Farbe, Größe und Erhabenheit
→ Wunden, Ulcera, Narben
→ Pigmentveränderungen, z. B. Nävi
→ Entzündungszeichen: Rötung, Schwellung, Überwärmung, Schmerzen, Funktionseinschränkung
→ Weitere Hautveränderungen, z. B. Spider naevi, Pusteln, Papeln, Schuppen, etc.
– Nägel
– Kopfhaar, Körperbehaarung
Normalbefund
“X-jährige*r, wache*r und zu allen Qualitäten orientierte*r Patient*in, schlanker Körperbau bei X kg und X cm Körpergröße (BMI = X kg/m², Normalgewicht). Ausgewogene Stimmungslage, Kommunikation problemlos, gepflegtes Erscheinungsbild, guter EZ (Ernährungszustand) und AZ (Allgemeinzustand), gehfähig bei unauffälligem Gangbild, Kräftezustand und Muskeltonus unauffällig, Mimik und Gestik unauffällig, Haut, Schleimhäute und Hautanhangsgebilde unauffällig. Ohne Einschränkungen arbeitsfähig/aktiv, kann sich selbst versorgen. Es bestehen aktuell keine Beschwerden oder Krankheitszeichen.”
Pathologischer Befund
Ernährungszustand
– “Patient*in ist kachektisch” (BMI < 18,5 kg/m²)
– “Patient*in ist adipös” (BMI > 24,9kg/m²; Bauchumfang > 102cm (Männer) bzw. > 88cm (Frauen))
BMI-Tabelle Einteilung nach WHO
Einteilung nach WHO | BMI kg/m² |
Normalgewicht | 18,5–24,9 |
Übergewicht | 25–29,9 |
Adipositas Grad I | 30–34,9 |
Adipositas Grad II | 35–39,9 |
Adipositas Grad III | ≥ 40 |
Allgemeinzustand
Neuropsychologischer Befund:
– “Bewusstseinslage somnolent / soporös / komatös”
– “Patient*in war nicht orientiert zu Ort / Zeit / Person / Situation”
– “Stimmungslage nervös / aggressiv / ängstlich / manisch”
– “Aphasie (Störung der Sprachproduktion) / Dysarthrie (Artikulationsfehler)”
– “Reduzierte Mobilität: Gehstrecke eingeschränkt auf X m/ mit Rollator mobil / mit Rollstuhl mobil / bettlägrig”
– “Eingeschränkte Leistungsfähigkeit / keine Aktivitäten oder Arbeit mehr möglich”
– “Bei der Selbstversorgung gelegentlich Hilfe nötig / Pflegebedürftigkeit (Pflegestufen I – III)“
– “Vernachlässigte Körperhygiene, ungepflegtes Äußeres, vernachlässigte/schmutzige Kleidung”
Haut
– “Pigmentstörung / Depigmentierung” (evtl. mit Zeichung / Foto und Größenangabe)
– “Hautbild blass / zyanotisch / gerötet / ikterisch”
– “Haut atrophisch / verdickt / trocken (Xerosis) / seborrhöisch/sebostatisch (übermäßige/verminderte Talgproduktion) / hyper/hypo/anhidrotisch”
– “Wunde / Narbe / Effloreszenz im Bereich X”
– “Schleimhaut blass / trocken / zyanotisch”
– “Konjunktiven blass / gerötet / eingeblutet”
Nägel
– “Onycholyse (Ablösung) / Onychodystrophie / Onychomykose (Pilz)”
– “subunguale Einblutungen / ausgeprägte Kapillarpulse”
Haar
– “Hypertrichose / Hirsutismus (übermäßige Behaarung)”
– “herdförmige / diffuse / androgenetische Alopezie (Haarausfall)”
Gangbild
siehe Neurologie