Einführung
Die Anmeldung zum gynäkologischen Untersuchungskurs erfolgt über das StudiTZ Freiburg:
Vorwort zur gynäkologischen Untersuchung
Die gynäkologische Untersuchung stellt eine Grenzüberschreitung dar. Die untersuchende Person agiert in der Intimzone der Frau. Deshalb empfinden die meisten Frauen die Spiegeleinstellung, die Palpation und die transvaginale Ultraschalluntersuchung als unangenehm und zum Teil auch als belastend.
Umso wichtiger ist es, sich klar zu machen, dass der*die Ärzt*in mit seinem Verhalten diese Empfindungen maßgeblich beeinflussen kann, sowohl im positiven als auch im negativen Sinne.
Durch ein ruhiges und kompetentes Auftreten kann die Untersuchung positiv beeinflusst und Vertrauen geschaffen werden. Im Gegensatz dazu kann auch durch ein inadäquates Erscheinungsbild, Unachtsamkeit, Missachtung des Zustands der Patientin oder eine schmerzhafte Untersuchung Vertrauen verspielt werden.
Gerade bei der gynäkologischen Untersuchung sollte man sich des eigenen Einflusses auf den Untersuchungsverlauf bewusst sein und sich der Patientin entsprechend zuwenden.
Autor*innen: Dr. med. Christian Maier, Marit Stenzel
Die Studierenden lernen im Freiburger StudiTZ Untersuchungskurs:
– die gynäkologische Brustuntersuchung
– die vaginale Untersuchung mit Spiegeleinstellung
– PAP Abstrich
– die Leopoldschen Handgriffe
– Blasen-Katheterisierung von Mann und Frau
Unter dem Reiter Dokumentation erhalten Sie bei den einzelnen Untersuchungsschritten (Inspektion, Palpation, etc.) Hinweise und Beispiele zu deren Dokumentation.
Lernen Sie, normale wie pathologische Untersuchungsbefunde zu dokumentieren.
Des weiteren erhalten Sie einen Einblick in Befunde möglicher Erkrankungen der einzelnen Organsysteme bzw. Regionen.
Spekulumuntersuchung
Zur exakten Beschreibung eines gynäkologischen Untersuchungsbefundes ist eine Systematik erforderlich. Dazu dient eine Beschreibung der Lokalisation wie auf dem Ziffernblatt einer Uhr.
Vulva, Introitus, Portio und Mammae sind mehr oder minder kreisförmig, so dass sich diese Orientierung anbietet. Sie dient der Nachvollziehbarkeit für Kolleg*innen, die die Patientin nachfolgend sehen.
Wenn Sie zwischen den Beinen der liegenden Patientin sitzen, bezeichnet man die Seite zur Bauchdecke als vorne, die Seite zum Rücken als hinten. Dies ist vor allem bei der Spekulumeinstellung von Bedeutung.
Unter der Vulva verstehen wir die äußeren, primären, sichtbaren Geschlechtsteile der Frau. Dazu gehören:
- Mons pubis
- Labia majora pudendi
- Labia minora pudendi
- Klitoris
- Vestibulum vaginae
- Meatus urethrae externus
- Introitus vaginae
Die Rima pudendi ist die von den Labien gebildete Spalte.
Die Vereinigungsstelle der Labien nach cranial bezeichnet man als vordere Kommissur oder Commissura anterior, nach caudal als hintere Kommissur oder Commissura posterior.
Der Bereich zwischen der hinteren Kommissur und dem After wird als Perineum oder Damm bezeichnet.
Den Bereich zwischen Muttermundslippe und Vaginalwand bezeichnet man als Fornix anterior bzw. Fornix posterior.
Die äußere Inspektion beinhaltet:
- Behaarungstyp (nach Tanner)
- Abdomen und Leistenregion (achten Sie dabei auf Narben, Schwellungen, Hautveränderungen, Hernien, Aszites, etc.)
- untere Extremität
- Hautfarbe
- Vulva (bei Seniora oder Inkontinenz bes. auf Hautveränderungen achten)
- Introitus vaginae (Weite)
- Hymen/Hymenalsaum
- Meatus urethrae externus
- Sichtbarer Fluor
- Sichtbare Blutung
Die Inspektion des inneren Genitales beinhaltet:
- Vaginalwände (inkl. deren Verhalten bei der Spekulum-Untersuchung)
- Portio (Form, Farbe und Veränderungen)
- Sichtbarer Fluor
- Sichtbare Blutung
Zur Untersuchung von Vagina und Portio müssen die Vaginalwände gespreizt und offen gehalten werden, da diese sonst wieder „zusammenfallen“ und die Sicht versperren. Dazu werden in der Regel Metall-Spiegel oder sog. Spekula verwendet.
Es gibt zwei verschiedene Typen von Spekula:
– Geteilte Metallspiegel, bestehend aus einem vorderen und einem hinteren Blatt.
– Selbsthaltespiegel, sogenannte Entenschnabel-Spekula, werden vorwiegend im Operationssaal benutzt.
Um die Untersuchung für die Patientin erträglich zu machen, müssen einige Regeln eingehalten werden:
– Wählen Sie zunächst die für Ihre Patientin passende Spekulumgröße aus.
– Wärmen Sie den Spiegel in einem Wärmeschrank an
– Benutzen Sie eine ausreichende Menge Gleitgel
Nun beginnt die eigentliche Untersuchung. Spreizen Sie die Labien und stellen Sie den Introitus vaginae dar.
Die Einführung der Spiegel erfolgt grundsätzlich längs oder schräg entsprechend der Vaginalachse, das heißt in etwa von 12 bis 6 Uhr. Führen Sie zunächst das hintere Blatt in das vordere Drittel des Vaginalkanals ein und stellen Sie die Achse dar. Nun führen Sie das vordere Blatt ein und heben die vordere Scheidenwand leicht an.
Schieben Sie beide Spiegel in Richtung der Achse langsam vor, bis Sie die Fornix vaginae erreichen. Der vordere Spiegel wird oberhalb der vorderen Muttermundslippe positioniert und geht in die Fornix anterior vaginae.
Heben Sie nun langsam die Portio durch eine Kippbewegung des vorderen Blattes nach cranial an, bis Sie den Muttermund gut einsehen können.
Die Verwendung von Selbsthaltespekula oder Entenschnabelspekula erfolgt analog:
- Schräges Einführen mit geschlossenen Blättern bzw. geschlossenem Schnabel über den Damm bis an die Portio
- Spekulum leicht öffnen
- unter Sicht die Portio einstellen
- Öffnen der Blätter bei guter Sicht auf die Portio
- Fixieren der Blätter mit Fixierschraube oder Verschluss
Es ist äußerst wichtig, sich an diese Regeln zu halten, um Verletzungen am inneren und äußeren Genitale zu vermeiden.
Palpation
Die gynäkologische Palpation beinhaltet neben äußerem und innerem Genitale auch die Palpation des Abdomens, der Leistenregion und der Nierenlager. Eine digitale rektale Untersuchung gehört bei Frauen >50 Jahren obligatorisch dazu.
Bei der inneren Palpation sollten Sie Vaginalwände untersuchen, die Stellung des Uterurs (sacral, mittel, zentriert) und die Position des Uterus feststellen (Anteversion/-flexion, retroversion/-flexion, gestreckt), sowie die Zervix mit deren Form, Lage und Konsistenz beurteilen.
Die Stellung des Uterus bezeichnet die Ausrichtung der Portio in der Vagina → zeigt die Portio nach sacral oder zentriert in den Vaginalkanal?
Unter der Position des Uterus versteht man dessen Stellung im kleinen Becken → dieser kann retroflektiert, gestreckt oder anteflektiert im Becken liegen. Untersuchen Sie außerdem, ob Sie einen Schmerz beim Bewegen der Zervix oder des Uterus auslösen können.
Die Palpation wird bimanuell durchgeführt → man beginnt mit der „inneren“ Hand, danach wird die „äußere“ dazu genommen.
– Spreizen Sie die Labien und stellen Sie den Introitus vaginae dar. Gehen Sie zunächst mit nur einem (!) Finger der „inneren“ Hand in den Introitus vaginae Richtung Damm ein. Meist wird dafür der Zeigefinger verwendet.
– Palpieren Sie die Vaginalwände und beurteilen Sie den Introitus vaginae.
– Nun üben Sie mit dem ersten Finger leichten Druck in Richtung Damm aus, um Platz für den 2. Finger der „inneren“ Hand zu schaffen. Dies ist meist der Mittelfinger.
– Die „äußere“ Hand wird oberhalb der Symphyse auf den Bauch gelegt.
– Die „innere“ Hand schiebt nun den Uterus der „äußeren“ Hand mit sanftem Druck entgegen, um Stellung und Position zu bestimmen.
Mit dieser Technik lassen sich auch Adnexregionen und Bauchdecke beurteilen.
Ab dem 50. Lebensjahr gehört eine digitale rektale Untersuchung zu den Standarduntersuchungen im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung. Diese ist, wie bei Männern auch, eine empfohlene Krebsvorsorgeuntersuchung.
Die digitale rektale bzw. rektovaginale Untersuchung hat zwei Ziele:
– Das frühzeitige Erkennen von Auffälligkeiten im Analbereich
– Die Untersuchung der Parametrien
Sie erfolgt analog zur vaginalen bimanuellen Untersuchung. Benutzen Sie auch hier ausreichend Gleitgel. Gehen Sie mit dem Mittelfinger in den Anus der Patientin ein und anschließen mit dem Zeigefinger in die Vagina. Sie können nun die Parametrien zwischen den beiden Fingern in Richtung Beckenwand hindurchgleiten lassen.
Brustuntersuchung
Die Untersuchung der Brust ist bei Frauen ab dem Alter von 25 Jahren zwei Mal pro Jahr im Rahmen der Routinevorsorge durchzuführen. Eine Selbstuntersuchung der Brust sowie eine Anleitung durch Fachpersonal werden empfohlen.
Zur Untersuchung gehören die Anamnese, die Inspektion und Palpation der Brust und der Axilla, bzw. der regionalen Lymphabflussgebiete.
Erklären Sie der Patientin im Vorfeld die Untersuchung und sprechen Sie auch währenddessen mit ihr! Der Oberkörper der Patientin muss vollständig entkleidet sein.
Die Inspektion erfolgt in verschiedenen Positionen der Arme: in Hüftstellung, ausgestreckt in Schulterhöhe und hinter dem Kopf.
Achten Sie bei der Inspektion auf Größe, Form, Hautbeschaffenheit, Rötung, Schwellung, Einziehungen sowie Mamillen-Areolarkomplexe und Sekretion aus den Mamillen.
Die Brust wird in 4 Sektoren unterteilt: Oben außen und innen, unten außen und innen. Die genauere Orientierung erfolgt wie auf dem Ziffernblatt einer Uhr. Die Beschreibung von Auffälligkeiten folgt dieser Systematik.
Die Palpation erfolgt in verschiedenen Armpositionen wie bei der Inspektion (s.o.).
Die Empfindlichkeit der Brust ist von Frau zu Frau sehr unterschiedlich, palpieren Sie daher nicht mit zu viel Druck!
Oberflächliche Palpation:
Die Untersuchung erfolgt bimanuell mit den Fingerkuppen des 2.-5. Fingers von kranial nach kaudal.
Beurteilen Sie die Verschiebbarkeit des Brustgewebes zur Haut über Verhärtungen, die Verschiebbarkeit des Brustgewebes zur Brustwand sowie die Konsistenz und Verschiebbarkeit der Mamillen
Tiefe Palpation:
Die tiefe Palpation erfasst die tiefer liegenden Resistenzen und erfolgt ebenfalls bimanuell. Nun wird die Brust sektorenweise im Uhrzeigersinn mit Gegendruck der 2. Hand von unten abgetastet. Die Arme sind z.B. in Hüftstellung.
Palpieren Sie außerdem die RLAG (dazu zählen die axillär, supra- und infraclaviculär, parasternalen Lymphknoten), die Thoraxwand sowie am lateralen Rand unterhalb des M. pectoralis major.
Beschreiben Sie in der Dokumentation
– was (Knoten, Verhärtung)
– wo (Quadrant, Mamillenabstand)
– wie groß
– Oberfläche
– Konsistenz
– Verschieblichkeit, Schmerz
Beispiele:
- Normalgroße, symmetrische Brüste. Unauffällige Mamillen-Areolarkomplexe, keine Sekretion aus den Mamillen. Keine Rötung, Schwellung oder Einziehung, keine Dellenbildung. Unauffällige Haut.
- Im oberen äußeren Quadrant der rechten Brust tastet sich bei 11 Uhr in ca. 3 cm Mamillenabstand eine ca. 2 cm große, glatt berandete, gut verschiebliche, nicht schmerzhafte Struktur direkt unter der Haut. Die regionalen Lymphabflussgebiete sind frei.
- Die linke Brust ist palpatorisch unauffällig, ebenso die RLAG.
Abschließend die Beurteilung: Verdachtsdiagnose
Weiterführende Diagnostik:
– Mamma-Sonographie
– Mammographie
– Biopsie
Leopoldsche Handgriffe
Die Leopold-Handgriffe dienen der Abschätzung der Schwangerschaftsentwicklung und der Lagebestimmung des Fetus im Mutterleib. Die Palpation erfolgt durch die Bauchdecke und wird an der liegenden Patientin durchgeführt.
Unter der Stellung des Kindes versteht man die Position des Rückens und der Kleinteile.
- Stellung I bedeutet: Rücken liegt links
- II bedeutet: Rücken liegt rechts.
Merkhilfe: Rücken Rechts = 2xR = 2. Stellung
Mit der Lage gibt man an, welches Körperteil das vorangehende ist (Schädel-/Beckenendlage).
Unter der Einstellung versteht man die Lagebeziehung des vorangehenden Teils des Kindes zum Beckeneingang, nachdem es bereits ins Becken eingetreten ist.
Mit dem ersten Handgriff bestimmt man den Fundusstand, d.h. wie hoch der Fundus im Mutterleib steht. Drücken Sie beide Handkanten von oben vorsichtig dem Abdomen an, beginnen Sie dabei am Rippenbogen. Im Verlauf der Schwangerschaft kann hierbei auch die Lage des Fetus bestimmt werden. So lässt sich z. B. bei Beckenendlage der Kopf des Kindes in Fundus tasten.
By Leopold und Spörlin (1894) Die Leitung der regelmäßigen Geburt nur durch äußere Untersuchung. Arch Gynäkol 45: 337–368 Reprinted in: Ludwig H. Christian Gerhard Leopold (1846–1911). Nicht nur der Lehrmeister der Geburtshilfe. Der Gynäkologe. 37. 10: 961-966 (2004). doi:10.1007/s00129-004-1576-x. [Public domain], via Wikimedia Commons
Der zweite Handgriff ermittelt die Stellung des Rückens und der Kleinteile. Legen Sie Ihre Hände links und rechts vom Uterus an. Durch leichten Druck werden Arme und Beine (kleine Teile) auf der einen und der Rücken auf der anderen Seite ertastet.
- Stellung I: Rücken links
- Stellung II: Rücken rechts.
By Leopold und Spörlin (1894) Die Leitung der regelmäßigen Geburt nur durch äußere Untersuchung. Arch Gynäkol 45: 337–368 Reprinted in: Ludwig H. Christian Gerhard Leopold (1846–1911). Nicht nur der Lehrmeister der Geburtshilfe. Der Gynäkologe. 37. 10: 961-966 (2004). doi:10.1007/s00129-004-1576-x. [Public domain], via Wikimedia Commons
Mit dem 3. Handgriff bestimmen Sie, welches der vorangehende Körperteil ist, also ob eine Schädel- oder Beckenendlage vorliegt. Der Untersucher legt die Hand zangenförmig oberhalb der Symphyse auf und lässt den Schädel des Kindes zwischen seinen Fingern hin- und her federn (‘Ballottement’).
By Leopold und Spörlin (1894) Die Leitung der regelmäßigen Geburt nur durch äußere Untersuchung. Arch Gynäkol 45: 337–368 Reprinted in: Ludwig H. Christian Gerhard Leopold (1846–1911). Nicht nur der Lehrmeister der Geburtshilfe. Der Gynäkologe. 37. 10: 961-966 (2004). doi:10.1007/s00129-004-1576-x. [Public domain], via Wikimedia Commons
Der 4. Handgriff dient dem Ertasten der Einstellung, also der Lagebeziehung des vorangehenden Teils des Kindes zum Beckeneingang, nachdem es bereits etwas ins Becken eingetreten ist. Lassen Sie Ihre Fingerspitzen von lateral oben kommend parallel zur Leiste über die Bauchdecke ins Becken gleiten. So kann bestimmt werden, ob Kopf oder Beine vorangehen und die Lage des vorangehenden Teils in Bezug zum Beckeneingang beurteilt werden.
By Leopold und Spörlin (1894) Die Leitung der regelmäßigen Geburt nur durch äußere Untersuchung. Arch Gynäkol 45: 337–368 Reprinted in: Ludwig H. Christian Gerhard Leopold (1846–1911). Nicht nur der Lehrmeister der Geburtshilfe. Der Gynäkologe. 37. 10: 961-966 (2004). doi:10.1007/s00129-004-1576-x. [Public domain], via Wikimedia Commons
Der 5. Handgriff oder auch Zangemeister-Handgriff dient unter der Geburt dem Nachweis eines Missverhältnisses zwischen mütterlichem Becken und kindlichem Kopf. Legen Sie eine Hand auf die Symphyse und die andere kranial davon auf den vorangehenden Teil des Kindes. Die kraniale Hand sollte auf einem niedrigeren Niveau liegen als die kaudale. Ist dies nicht der Fall, besteht Verdacht auf ein Missverhältnis zwischen Becken und Kopf.